Der 35.
Workshop fand am 26. und
27.11.2020 in Zusammenarbeit mit der Universität Graz, Institut für
Banken und Finanzierung und Institut für Finanzwirtschaft unter der Leitung von
Prof. Edwin Fischer, Prof. Roland Mestel, Prof. Stefan Palan, Prof. Andrea
Schertler online über
Webex statt.
Am Beginn der Veranstaltung stand die Laudatio auf einen der maßgeblichen Gründer des Formats "AWG", den
em. o.
Univ.-Prof. Dr. Peter Steiner
Es ist mir
eine besondere Freude, heute zur Eröffnung des 35. Workshops der Austrian
Working Group on Banking and Finance, kurz AWG, sprechen zu dürfen. Diese 35.
AWG ist ein großer Erfolg, ist sie doch – soweit ich das sehe – die
„internationalste“ AWG, mit Kolleginnen und Kollegen aus vier Ländern, Italien,
Liechtenstein, Österreich und der Schweiz, die diesmal vortragen. Nimmt man die
Länderkürzel, könnte man es auch das Projekt ACHIL nennen. Begonnen hat
dies alles viel bescheidener. Der spiritus rector der AWG, Peter Steiner, den
ich hier sehr herzlich begrüßen darf, hatte Anfang der 90er-Jahre die
ausgezeichnete Idee, für den wissenschaftlichen Nachwuchs ein Forum zu
schaffen, wo neue Ideen und Konzepte vorgestellt und diskutiert werden konnten. Gemeinsam
mit Helmut Uhlir hat Peter Steiner damit die Austrian Working Group on Banking
and Finance ins Leben gerufen. Der erste Workshop fand 1991 Graz, der damaligen
Wirkungsstätte von Helmut Uhlir statt, der zweite dann an der WU Wien, der
damaligen Wirkungsstätte von Peter Steiner (darüber gibt es sogar einen
Tagungsband), der dritte wieder in Graz. Doch bereits der vierte Workshop ging
in Innsbruck bei Klaus Schredelseker über die Bühne.
Es war ein
tolles, innovatives Konzept, das auch gegen die Unbilden des Zeitgeistes
Bestand hatte. Oft war die AWG totgesagt, sie sei zu unattraktiv, zu
„provinziell“, man fahre lieber zu internationalen Konferenzen. Dabei ist
gerade das Konzept der AWG, seinen Ideen einem interessierten Fachpublikum zur
Diskussion zu stellen, die ideale Vorbereitung, auf internationalen Konferenzen
zu sprechen. Jüngst las ich von einer ganz neuen Idee, dass Doktoratsstudierende
Workshops veranstalten, in denen sie ihre Ideen und Konzepte miteinander
kritisch diskutieren. Das kommt uns doch irgendwie bekannt vor! Übrigens,
wer jetzt gerade mitgerechnet und sich gefragt hat, weshalb 2020 nicht die 30.,
sondern die 35. AWG stattfinde: Das ist kein Irrtum, es gab nur in den 90er
Jahren manchmal zwei Workshops in einem Jahr!
Peter
Steiner war und ist immer offen für Neues. Über seine akademischen Erfolge maße
ich mir nicht an zu sprechen. Ich kann nur betonen, welch ungeheuren Beitrag er
für die Praxis geleistet hat. So erschien schon 1986, verfasst gemeinsam mit
Helmut Uhlir, das erste deutschsprachige Lehrbuch zur Kapitalmarkttheorie, die
bekannte „Wertpapieranalyse“. Vier Auflagen hat dieses Standardwerk erfahren,
und es hat eine Unzahl an Finance Professionals geprägt. Ich hatte
das Privileg, unter Peter Steiner am Institut für Banken und Finanzierung
Lehrveranstaltungen alten zu können. Als ich eines Tages, die traditionelle
Finance Theory hatte ungebrochene Vormachtstellung, mit der Idee zu ihm kam,
etwas mit Behavioural Finance zu machen, musste ich feststellen, dass er sich
schon lange damit befasst hatte. Daraus entstand dann übrigens meine
Vorlesungsreihe über Behavioural Finance in der Beratung. Ich erinnere
mich gut, lieber Peter, wie wir oft zusammengesessen oder mit Deinem geliebten
Hund Chass spazieren gegangen sind. Dabei haben wir nicht nur über akademische
Fragen diskutiert, nein, auch praktische Fragen der Ausbildung bis hin zu einem
Projekt eines MBA waren Gesprächsthema. Kein Thema war Dir zu exotisch und Du
hast nicht nur gerne Dein Wissen geteilt, sondern auch anderer Leute Ansichten
angehört und reflektiert. Geduldig hast Du erklärt, auch zu wiederholten Malen,
wenn es nötig war, bis man es begriffen hat. Das Einzige, was Dich grantig
machen konnte war, dass jemand nicht begreifen wollte.
Was Dich,
Peter, auszeichnet, ist neben der akademischen Forschung und Lehre – Du bist
ein so hervorragender Mathematiker und Statistiker, dass Du als einziger
Betriebswirt an der Uni Ulm von Mathematikern zu 100 Prozent akzeptiert worden
bis -, was Dich also auszeichnet, ist die Freude und Begabung, dein Wissen an
andere Menschen, vor allem junge weiterzugeben. Die Erfolgslehrgänge der ÖVFA
und der VÖIG, also die Finanzanalystenausbildung und die
Portfoliomanagerausbildung, aber auch die Börsehändlerausbildung und die
Beraterausbildungen wären ohne Dich so nicht denkbar! Dazu kommt Dein
Engagement in der Bankwissenschaftlichen Gesellschaft, Deine langjährige
Tätigkeit im Vorstand der BWG, die Leitung des Bereiches Kapitalmarktforum und
die langjährige Mitherausgeberschaft der Fachzeitschrift BankArchiv ÖBA. Nicht
vergessen wollen wir die zahlreichen Vorträge und Diskussionsbeiträge, auch
beim Bankenseminar im Rahmen des Europäischen Forum Alpbach.
Peter
Steiner ist auch immer daran gelegen, Brücken zu schlagen. Interdisziplinarität
ist seiner DNA eingeschrieben. Als die Fachhochschulen aufkamen, waren die
Universitäten keineswegs begeistert, um es milde zu formulieren. Du, lieber
Peter, warst einer der wenigen, der meinte, es müsse doch ein gedeihliches
Nebeneinander zum beiderseitigen Vorteil geben. Aus diesem Geist heraus warst
Du sofort bereit, an der FH Wiener Neustadt Dein Wissen weiterzugeben und Du hast
auch Deine Assistentinnen und Assistenten ermuntert, dort zu unterrichten. Noch
heute treffe ich Absolventinnen und Absolventen des Fachbereichs Vermögens- und
Finanzberatung, die von Dir und Deinem Team schwärmen. Aus
ebendieser Offenheit hast Du erfolgreich daran gearbeitet, letztlich alle Universitäten
Österreichs (Linz bildet hier die Ausnahme) für die Organisation einer AWG ins
Boot zu holen. Du hast Dich auch dafür eingesetzt, dass eine FH eine AWG
organisieren konnte.
Ich bin
sicher, dass Du Dich auch in Zukunft mit Fachfragen befassen wirst – das
idyllische Semriach, Deine zweite Heimat, bietet ja Muße dazu, soferne Du nicht
zu Deinen geliebten Schachturnieren fährst, was ja nach Abklingen der
Covid-19-Pandemie wieder möglich sein wird. Die langen
Jahre intensiver und für mich befruchtender Zusammenarbeit habe ich immer sehr
genossen. Ich danke Dir für Deine Freundschaft und möchte Dir persönlich, aber
auch im Namen aller sehr, sehr herzlich für das danken, was Du für die Praxis
geleistet hast! (Prof. (FH) Mag. Otto Lucius)
Folgende
Papers wurde vorgestellt und diskutiert:
Portfolio
optimization and performance
- Performance of Characteristics-Based Portfolio Choice; Leopold
Sögner - IHS
- Less is more: Granularity of Information, Estimation Errors and
Optimal Portfolios; Lukas Salcher - Uni Innsbruck
- A trip into the Clusterverse; Merlin Bartel - Uni Lichtenstein
Predicting
financial markets
- Analyzing concentration patterns in experimental asset markets;
Thomas Stöckl - MCI Innsbruck
- Short-term exuberance and long-term stability: A simultaneous
optimisation of stock return predictions for short and long horizons;
Michael Scholz - Uni Graz
- Analyst Forecasts and Currency Markets; Florian Mair - WU Wien
Credit risk
- Sell or Hold? On the Value of Non Performing Loans and Mandatory
Write-Off Rules; Florian Pauer - WU Wien
- Revisiting the dualism of point-in-time and through-the-cycle
default risk models; Bernhard Eder - Uni Innsbruck
Market efficiency
- Mutual Funds' Fire Sales and the Real Economy: Evidence from
Hurricanes; Roberto Tubaldi - USI Lugano
- An analysis of share repurchases; Viktoria Steffen - Uni Graz
- Insider trading legislation and trader migration; Dominik Schmidt -
MCI Innsbruck
Central bank policy
and market quality
- An Analysis of Liquidity on the Austrian and German Stock Market;
Corinna Uhlenkamp - Uni Graz
- Regaining monetary policy effectiveness during the Corona-crisis; Sebastian
Lang - Uni St. Gallen
- Regulating Central Bank Digital Currencies: Towards a Conceptual
Framework; Simon Hess - Uni Salzburg
Sustainability
- The Potential Capital Requirement for a Minimum Prices Insurance
Scheme for Wheat, Maize, and Rape Seed; Thomas Url - WIFO
- Green Bonds and External Reviews; Tian Luan - Uni Lichtenstein
- Does Board Effectiveness influence Corporate Social
Responsibility?; Hendrik Kimmerle - Uni Lichtenstein
Behavioral insights
- Good decision vs. good results: Outcome bias in the evaluation of
financial agents; Christian König-Kersting - Uni Innsbruck
- To trust, or not to trust? Information Sharing in Trading Networks;
Matthias Herrmann - Uni Lichtenstein
Market prices and
portfolio performance
- Ex-Ante Risk Factors and Required Structures of the Implied Correlation
Matrix; Wolfgang Schadner - Uni St. Gallen
- Die Preisuntergrenzen beim Delisting; Patrik Nutz - Uni Wien
- Relative Entropy and Market Price of Risk during COVID-19; Maria
Kosolapova - Uni Bozen
Nachstehend zwei Impressionen vom Workshop. Anschließend sind die Präsentationen veröffentlicht: